Interview: Reinhold Sieder
„Nachhaltig beamen“
Um ein Haar wäre er Polizist geworden. Koch wohl eher nicht. Warum er Sport für eine Lebensschule hält und weshalb Vertrauen und Loyalität für ihn zentrale Begriffe sind, erzählt uns der Gründer und CEO von SiMedia im Geburtstags-Interview.
SiMedia: Lieber Reinhold, alles Gute zum Geburtstag und vielen Dank, dass du beim legendären SiMedia-Geburtstags-Interview mitmachst. Erste Frage: Woran denkst du als Erstes, wenn du am Morgen aufwachst?
Cool, ein neuer Tag, neue Chancen, neue Herausforderungen!
So unbeschwert?
Nun ja, eigentlich gilt der erste Gedanken dem Monitoring der SiMedia-IT, und ob dort alles so läuft, wie es laufen soll. Dann aber kommt „Cool, ein neuer Tag …“.
Kaffee oder Tee?
Definitiv Kaffee. Wobei der tägliche Verbrauch stark variiert. War es eine Zeit lang ein Kaffee am Morgen, sind es jetzt wieder vier bis fünf am Tag. Seit etwa drei Jahren trinke ich nur noch Kaffee ohne Zucker. Das ist wie alles gewöhnungsbedürftig, wenn es jahrzehntelang anders war. Und eigentlich sollte man den Kaffee pur, also ohne Milch trinken. Vielleicht der nächste Schritt?
Bist du ein Gefühls- oder ein Kopfmensch?
Beides in Personalunion. Wobei der Gefühlsmensch dem Kopfmensch manchmal im Weg steht. Vielleicht ist das aber auch eine Stärke, wer weiß …
Was magst du an anderen Menschen?
Die unterschiedlichen Charaktere, die Stärken, die Schwächen, die wir alle haben. Den Austausch auf Augenhöhe sowie wenn Werte eine wichtige Rolle spielen.
Was ist wichtiger: Theorie oder Praxis?
Ein bisschen Theorie und viel Praxis. Wer auf der Ebene der Theorie bleibt, kann nicht feststellen, ob die Theorie in der Praxis funktioniert. Dies bedingt auch das Wissen, dass Scheitern ausdrücklich erlaubt ist.
Weil wir gerade beim Thema sind: Ist es besser, etwas zu versuchen und dabei scheitern, oder es gar nicht erst versuchen?
Nur wer etwas (Neues) versucht, kann scheitern. Wir haben in Südtirol, eigentlich in ganz Europa, generell die Vorstellung, dass das Scheitern etwas Negatives ist. Dem ist aber nicht so. In den USA gibt es eine andere Denkweise diesbezüglich und (vielleicht) sind uns die USA deshalb in einigen Bereichen weit voraus.
Welche Regel für dich selbst hast du, die du niemals brechen würdest?
Vertrauen und Loyalität spielen für mich eine große Rolle. Ich gebe beides, erwarte aber auch beides von meinem Umfeld. Man kann vieles organisieren oder strukturieren, aber Vertrauen und Loyalität sind die Grundhaltung, das Grundgerüst, auf die alles aufbaut.
Welches Buch muss man gelesen haben?
„Lean Startup“ von Eric Ries. Das Buch entspricht auch meiner Denk- und Arbeitsweise: planen, bauen, messen, Feedback einholen. Anschließend startet wieder eine neue Schleife. Wir leben in einem sich schnell ändernden Umfeld, daher ist dieses Prinzip zielführend.
Wonach bist du süchtig?
Sucht bedeutet, abhängig zu sein. Mir ist es wichtig, von niemandem und von nichts abhängig zu sein. Abhängigkeiten schaffen Situationen, die zu Konflikten führen. Diese gilt es zu vermeiden.
Wie gut kannst du kochen und was ist deine Spezialität?
Kochen zählt definitiv nicht zu meinen Stärken. Auch wenn ich mir schon ein paar Mal vorgenommen habe, mich damit zu beschäftigen. Ich bin aber zum Glück von guten Köchinnen und Köchen umgeben.
Wenn du dem Reinhold von vor zehn Jahren einen Rat geben könntest, welcher wäre es?
Das ist schwierig zu beantworten. Zur jeweiligen Zeit hat man immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und rückblickend kann man nichts ändern. Man kann allerdings anhand der Erfahrung, die man hat, die Gegenwart und die Zukunft (besser) gestalten.
Reinhold im Geburtstags-Speed-Interview
In welches Land würdest du am liebsten gleich morgen verreisen, wenn Geld keine Rolle spielen würde?
Das Reisen in fremde Länder hat in der Vergangenheit nicht zu meinen obersten Prioritäten gezählt. Dies hole ich nun nach und da es einiges zu erkunden gibt, gibt es eine Vielzahl an Ländern, die noch zu erkunden sind.
Welche (übernatürlichen) Fähigkeiten hättest du gern?
Mich so wie dies schon beim Raumschiff Enterprise gezeigt wurde, von A nach B zu beamen. Dies wäre nachhaltig und ein Mehr an Lebenszeit.
Dein größter Wunsch für die Zukunft?
Dass Werte wieder mehr an Gewicht gewinnen und es soziale Gerechtigkeit gibt. Wir leben in einer Welt der Oberflächlichkeiten, wo Gewinnmaximierung vor Gemeinschaft gesetzt und die Wertschöpfung auf immer weniger Personen konzentriert wird. Dies führt zu einem großen Ungleichgewicht und Spannungen, die vermeidbar wären.
Für welche 3 Dinge bis du am dankbarsten?
Erstens für die Werte, die mir meine Eltern mit auf den Lebensweg gegeben haben.
Zweitens für eine intakte Familie und ein soziales Umfeld, in dem man sich wohlfühlt.
Und drittens für ein Team, bei dem ich weiß, dass dies hinter mir steht und dass es gemeinsam auf gemeinsame Ziele hinarbeitet.
Deine beste Entscheidung bisher, beruflich gesehen?
Der Weg in die Selbständigkeit nach einigen Jahren als Mitarbeiter, wobei ich immer sage: Mit 90 schaue ich auf mein Leben zurück und kann dann sagen, was gut und was sehr gut war😉. Falsche Entscheidungen gibt es meiner Meinung nach ohnehin nicht. Der einzige Weg, mit Sicherheit etwas falsch zu machen, ist es, keine Entscheidung(en) zu treffen.
Wie oft am Tag schaust du auf dein Handy?
Derzeit noch zu oft, aber ich arbeite daran. War es vor 30 Jahren noch ein Luxus, ein Handy zu haben, wäre es heute ein Luxus, auf ein Handy verzichten zu können. Aber wichtig ist, daran zu arbeiten.
Welcher war dein Traumberuf, als du ein Kind warst?
Da gab es nichts, was ich mir damals als Traumberuf gewünscht hätte. Im Laufe meines Berufslebens gab es dann diverse „Weggabelungen“. Ich hätte auch bei der Polizei landen können oder bei einem Wirtschaftsberater. Schlussendlich hat es perfekt gepasst, dass ich 1997 das damals neue Medium Internet für mich entdeckt habe. Nach wie vor bin ich mit Leidenschaft im Bereich Internet und Digitales dabei. Fazit: als Kind nichts geplant und trotzdem im Traumberuf gelandet.
Das ist erstrebenswert. Und welches war dein liebstes Schulfach?
Sport. Ich bin zudem davon überzeugt, dass der Sport mit seinen Höhen und Tiefen, mit Niederlagen und Siegen und der Erfahrung von Teamgeist, eine wertvolle Lebensschule ist.
Welches (Weihnachts-)Geschenk hat dir als Kind am meisten Freude gemacht?
Es waren nie die großen Geschenke, sondern die Kleinigkeiten, die Gedanken, die wichtig waren und nach wie vor sind. Wir sind heute (in der Regel) in der glücklichen Lage, dass wir uns mehr oder weniger alles kaufen oder leisten können, was wir uns wünschen. Dies war nicht immer so und auch heute würde uns und unseren Kindern ein gewisser Verzicht guttun.
Wann hattest du im Leben so richtiges Glück?
Es gibt rückblickend viele Momente des Glücks, wobei Glück definiert werden muss. Es gibt Glück und „Schutzengel“. Der oder die „Schutzengel“ hatten bei mir zeitweise einiges zu tun, aber ich muss auch sagen, dass ich in meinem Leben viel Glück hatte und habe und dafür sehr dankbar bin. Man muss nur hinschauen, dann sieht man das Glück und auch die Schutzengel.
Wobei verbringst du eindeutig zu viel Zeit?
Mich mit Themen zu beschäftigen, die ich ohnehin nicht verändern kann. Es gibt einen Grundsatz, dem ich immer mehr Gewicht gebe: Verwende deine Zeit zu 90 % für Themen, wo du mitgestalten und Veränderungen herbeiführen kannst und investieren nur 10 % für Themen, wo du nichts verändern kannst. Damit lebt es sich sehr gut.
Hast du schlechte Angewohnheiten, über die du uns berichten möchtest?
Ich war (vielleicht) zu perfektionistisch und bin es vielleicht heute punktuell immer noch. Aber ich weiß dies und arbeite daran. Und vielleicht ist dies schlussendlich eine Stärke, wenn man sich dieser Schwäche bewusst ist?